Von KTM 640SM bis 690SMC: Die Evolution des LC4-Einzylinders und der Reiz des „letzten Extrem“-Modells

Modellentwicklung und Unterschiede von der 640SM zur 690SMC

Die KTM 640 LC4 SuperMoto (640SM) war ein robuster, großer Einzylinder-Supermoto, der von den späten 1990er- bis in die 2000er-Jahre beliebt war. Ihr 625-cm³-Einzylindermotor mit Vergaser leistete rund 54 PS und war für seine starken Vibrationen und seine kraftvolle Beschleunigung bekannt. Ihr Nachfolger, die 690SMC, erschien 2007 und verfügte über einen überarbeiteten Motor mit vergrößertem Hubraum von 653,7 cm³ (später auf 690 cm³ erweitert) und elektronischer Kraftstoffeinspritzung (EFI). Neben anderen wichtigen Designänderungen wurde die Karosserie mit einem Gitterrohrrahmen neu gestaltet und das Heck mit einem Hilfsrahmen aus Kunststoff ausgestattet, der auch als Kraftstofftank dient. Dadurch konnte das Motorgewicht um ca. 3 kg reduziert werden, was zu einer Gewichtsreduzierung von 8 kg für das gesamte Fahrzeug führt. Der neue LC4-Motor wurde entwickelt, um Vibrationen zu reduzieren und die Leistung zu steigern. Die technischen Daten der 690SMC erreichen ca. 63 PS für das erste Modell und ca. 67 PS für das 2012 erschienene 690-ccm-Modell und übertreffen damit die 49 bis 54 PS der vorherigen 640SM deutlich. Sie ist außerdem mit einer vollständigen Palette an Funktionen ausgestattet, darunter radial montierte Brembo-Bremsen, WP-Federung und eine Rutschkupplung. Dies führt zu einem Perfektionsgrad, aufgrund dessen die neue 690SM als „Königin der straßentauglichen Supermotos“ bezeichnet wird.

LC4-Motor-Designphilosophie und die einzigartigen Eigenschaften eines Einzylinders

KTMs LC4-Motor (kurz für Liquid-Cooled 4-Stroke) wurde basierend auf der Designphilosophie eines „großhubigen, leichten und leistungsstarken Einzylindermotors“ entwickelt. Konventionelle Annahmen gehen traditionell von einem Hubraum von etwa 500 ccm für Einzylindermotoren für Offroad- und Dual-Purpose-Bikes aus. KTM wagte sich jedoch an Einzylindermotoren über 600 ccm heran, und die frühen 620/640-Modelle waren noch recht uneben und erzeugten starke Vibrationen, die als „wie ein Farbmischer“ beschrieben wurden. Dennoch haben das spontane Drehmoment und die Leichtigkeit des einfachen Designs des Einzylinders begeisterte Fans gewonnen.

Die neue Generation des LC4 für die 690er-Serie verfügt über ausgeklügelte Features, um eine noch höhere Leistung zu erzielen und gleichzeitig Vibrationen zu reduzieren. So verfügte der 2008 eingeführte 654-cm³-Motor über eine Ausgleichswelle sowie optimierte Motorlager und Innenkonstruktion. Dies führte zu einer so geringen Vibrationsreduzierung, dass er als „so leise, als würde selbst auf langen Strecken keine Füllung herausspringen“ gelobt wurde. Der neue LC4 (erstmals in der Duke 690 eingeführt) des Modelljahres 2014 verfügte über eine Doppelzündung (Doppelfunken) für eine verbesserte Verbrennung und eine präzise Kraftstoffsteuerung mit elektronisch gesteuerter Drosselklappe (DBW) und erreichte die stärksten 70 PS aller in Serie produzierten Einzylindermotoren. Im Jahr 2019 erhielt er endlich einen zweiachsigen Ausgleich und wurde als „völlig vibrationsfrei dank zweier Ausgleichswellen, Doppelzündköpfen und Ride-by-Wire-Technologie“ angepriesen. Auf diese Weise verbesserte jede Generation des LC4-Motors die Vibrationseigenschaften und die Leistungsabgabe und behielt gleichzeitig seine einzigartige Präsenz als Einzylindermotor.

Die 690 SMC von 2013: Ein primitiver Radikaler

Von den vielen 690 SMC/Rs ist das Modell von 2013 für erfahrene Fahrer von besonderer Bedeutung. Denn es ist das letzte „primitive“ Radikale-Modell, dem die fortschrittliche Elektronik der Modelle von 2014 und später fehlt. (Das Modelljahr 2014 war serienmäßig mit Doppelzündung, elektronischem Gaspedal und Zweikanal-ABS ausgestattet, um den europäischen Vorschriften zu entsprechen.) Im Gegensatz dazu verfügte die 690 SMC bis zum Modelljahr 2013 über keine derartige Steuerung, sodass sie eine rein fahrergesteuerte Maschine war. Zunächst einmal bedeutet das Fehlen von ABS, dass das Bremsen vollständig der Kontrolle des Fahrers überlassen bleibt. Plötzliches Bremsen auf der Straße und das für Supermotos typische Hinterraddriften (auch bekannt als Backdrift) werden durch die elektronische Steuerung nicht beeinträchtigt. Das Modelljahr 2014 bot sogar einen Pro-orientierten Modus, der das Blockieren des Hinterrads bei gleichzeitiger Beibehaltung des ABS am Vorderrad ermöglichte. Da das Modelljahr 2013 jedoch kein ABS hatte, hatte der Fahrer das Gefühl, die volle Kontrolle zu haben. Da zudem kein elektronisch gesteuertes Gaspedal (Ride-by-Wire) vorhanden war, reagiert der Motor mechanisch direkt auf Gaspedalbefehle. Moderne elektronische Gashebel sind zwar leichtgängig und einfach zu bedienen, erfahrene Fahrer können sie jedoch als unzureichend oder mit einer leichten Verzögerung empfinden. Im Gegensatz dazu vermittelt der Gaszug des 2013er Modells ein primitives Fahrgefühl, bei dem sich Handgelenksbewegungen direkt in heftige Beschleunigung umsetzen. Die Verwendung einer Einzelzündkerze anstelle einer Doppelzündkerze führt zu einer abrupteren Verbrennung und Leistungsabgabe, was zu einem präziseren Ansprechverhalten führt – im Guten wie im Schlechten. Darüber hinaus ist dieses Modell auch die letzte Generation von Motorsteuergeräten (ECUs), die eine Neuprogrammierung des Kennfelds ermöglichen. Seit 2014 sind Softwareänderungen gesperrt, sodass Benutzer das Kraftstoffgemisch nicht mehr willkürlich ändern können. Für die Modelle von 2008 bis 2013 hingegen ist eine individuelle Anpassung des Kennfelds mit Tools wie TuneECU relativ einfach möglich, und es macht weiterhin Spaß, Anpassungen nach Ihren Wünschen vorzunehmen, z. B. durch Änderungen an Ansaug- und Auspuffanlage oder die Behebung chronischer Probleme. Diese „Freiheit ohne elektronische Einschränkungen“ ist ein weiterer Grund, warum Modelle der älteren Generation bei Enthusiasten so beliebt sind.

ECU-Kennfeld-Neugestaltung

Im Wesentlichen vereint die 690 SMC 2013 die Robustheit des ursprünglichen LC4 mit der gesteigerten Leistung des LC4 der neuen Generation auf hohem Niveau und verzichtet dabei auf unnötige elektronische Steuerungen. Sie ist der letzte reine Sport-Einzylindermotor. Er erfordert die nötige Technik des Fahrers, und das Erfolgserlebnis ist außergewöhnlich, wenn man ihn beherrscht. Dieser unverwechselbare Charme macht das 2013er Modell für erfahrene KTM-Fans so besonders.

Schwächen der LC4-Maschine: Vibrationen, Abwürgen und praktische Probleme

Radikalität bringt jedoch auch praktische Kompromisse und Herausforderungen mit sich. Die Vorgängerserie 640LC4 war für ihre starken Vibrationen bekannt, und selbst mit Verbesserungen ist die 690er-Serie immer noch nicht so leise wie ein Mehrzylindermotor. Obwohl die 690SMC-R eine für Langstreckenfahrten geeignete Laufruhe erreicht hat, leidet sie immer noch unter dem für Einzylindermotoren typischen Pochen und den Vibrationen bei hohen Drehzahlen. Manche Fahrer verspüren nach längeren Fahrten ein Taubheitsgefühl in Händen und Füßen. Darüber hinaus ist die Sitzhöhe mit etwa 910 mm extrem hoch, was das Erreichen des Bodens erschwert, und der harte Sitz wurde als „fast wie Folter“ beschrieben. Auch das Tankvolumen ist mit etwa 12 Litern klein, was die Reichweite einschränkt (obwohl diese im Vergleich zum Vorgängermodell verbessert wurde und angeblich ein Kraftstoffverbrauch von etwa 23 km pro Liter erreicht werden kann). … Tatsächlich ist es einigen Freiwilligen gelungen, das Abwürgen zu beseitigen, indem sie den Thermostatschalter durch einen Niedertemperaturschalter ersetzten, um den Lüfter früher einzuschalten und eine Überhitzung zu verhindern, und indem sie die Leerlaufschraube verstellten, um das Luft-Kraftstoff-Verhältnis zu stabilisieren. Wie Sie sehen, erfordert die Perfektionierung der 690 SMC ein gewisses Maß an Wissen und Aufwand, einschließlich der Behebung chronischer Probleme wie „das Motorrad geht plötzlich aus, wenn Sie kurz vor dem Anhalten die Kupplung treten“. Diese Unannehmlichkeiten sind jedoch untrennbar mit dem unverwechselbaren Rennstil und den hochmodernen Spezifikationen von KTM verbunden. KTM selbst äußerte sich zur 690 SMC-R (einem Revival-Modell für 2019): „Fortschrittliche Elektronik verbessert die Laufruhe, ohne den Fahrspaß und die Konzentration zu beeinträchtigen.“ Selbst das elektronisch gesteuerte Nachfolgemodell soll „seine Wildheit nicht im Geringsten bewahrt“ haben. Die 690SMC war schon immer eine knallharte Maschine, bei der Fahrspaß über Alltagstauglichkeit stand. Mit ihrem stoischen, herausfordernden Charakter verkörpert diese Baureihe den KTM-Geist „READY TO RACE“.


Unsere Werkstatt besitzt eine KTM 690SMC-R von 2013 als Forschungs- und Entwicklungsfahrzeug. Gerne besprechen wir mit Ihnen das Tuning jedes Modells. Kontaktieren Sie uns gerne für aktuelle Gebrauchtmarktpreise. Wir schlagen Ihnen ein Fahrrad vor, das Ihrem Geschmack und Budget entspricht.